Streaming ist nicht abmahnbar! Abmahnungen von U+C hierzu verstoßen gegen EU-Richtlinie!

Dass die unerlaubte Weitergabe urheberrechtlich geschützter Inhalte über Tauschbörsen widerrechtlich sein kann, ist mittlerweile allseits bekannt. Jetzt behauptet jedoch die Kanzlei Urmann + Collegen, dass auch das so genannte Streaming im Internet Rechte Dritter verletzen könnte und verstoßen damit gegen eine EU-Richtlinie.


Unter Streaming wird das Ansehen oder Anhören von Musik oder Filmen über Internet gemeint. Dabei wird jeweils ein kurzes Stück der Datei im Zwischenspeicher abgelegt, um die Datei ruckelfrei abspielen zu können. Diese für den Stream notwendige Handlung verstoße –wie das Filesharing- gegen die Rechte des Urhebers, so die U + C.  Diese „Kopie“ soll gegen Urheberrecht verstoßen.

Tausende Deutsche empfingen in den vergangenen zwei Wochen Post der berüchtigten Kanzlei. Diese fordert von Anschlussinhabern, von deren Internetverbindung ein Pornostream angeschaut worden sein soll, eine Unterlassung und Übernahme der entstandenen Anwaltskosten.

Die Kanzlei beruft sich auf § 16 UrhG und hat damit versucht, eine vermeintliche Lücke auszunutzen. § 16 UrhG lautet: „Das Vervielfältigungsrecht ist das Recht, Vervielfältigungsstücke des Werkes herzustellen, gleichviel ob vorübergehend oder dauerhaft, in welchem Verfahren und in welcher Zahl.“

 

Die Kanzlei hat dabei leider folgende Punkte völlig außer Acht gelassen:

1)

Die Rechtslage en Detail

Es gibt eine vorrangige EU-Richtlinie (2001/29/EG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 22. Mai 2001), nach der das deutsche Gesetz auch auszulegen ist. Die EU führt dabei in Randnummer 33 aus :

 „Eine Ausnahme vom ausschließlichen Vervielfältigungsrecht sollte für bestimmte vorübergehende Vervielfältigungshandlungen gewährt werden, die flüchtige oder begleitende Vervielfältigungen sind, als integraler und wesentlicher Teil eines technischen Verfahrens erfolgen und ausschließlich dem Ziel dienen, entweder die effiziente Übertragung in einem Netz zwischen Dritten durch einen Vermittler oder die rechtmäßige Nutzung eines Werks oder sonstiger Schutzgegenstände zu ermöglichen. Die betreffenden Vervielfältigungshandlungen sollten keinen eigenen wirtschaftlichen Zweck besitzen. Soweit diese Voraussetzungen erfüllt sind, erfasst diese Ausnahme auch Handlungen, die das „Browsing“ sowie Handlungen des „Caching“ ermöglichen; diese schließt auch Handlungen ein, die das effiziente Funktionieren der Übertragungssysteme ermöglichen; sofern der Vermittler die Information nicht verändert und nicht die erlaubte Anwendung von Technologien zur Sammlung von Daten über die Nutzung der Information, die von der gewerblichen Wirtschaft weiterhin anerkannt und verwendet werden, beeinträchtigt.

Somit hat die EU ausdrücklich das Streaming erwähnt und vom ausschließlichen Vervielfältigungsrecht ausnehmen wollen.

Fazit: Das Streaming wird nicht vom § 16 UrhG als „vorübergehende Vervielfältigungshandlung erfasst.

 

2)  Zulässige Privatkopie

Selbst wenn das temporäre Zwischenspeichern von Material tatsächlich eine Vervielfältigung im Sinne des Urheberrechtsgesetz wäre, ist diese als Privatkopie gemäß §53 UrhG nicht als Verletzung von Schutzrechten zu werten:

§ 53 Abs. 1 UrhG:

 „Zulässig sind einzelne Vervielfältigungen eines Werkes durch eine natürliche Person zum privaten Gebrauch auf beliebigen Trägern, sofern sie weder unmittelbar, noch mittelbar Erwerbszwecken dienen, soweit nicht zur Vervielfältigung eine offensichtlich rechtswidrig hergestellte oder öffentlich zugänglich gemachte Vorlage verwendet wird.“

Es würde sich – wenn man Streaming als Kopie betrachten würde – dann um eine legale Privatkopie handeln, die ebenfalls nicht abzumahnen ist. Hier würde jetzt wahrscheinlich die Kanzlei antworten, dass es sich bei den Filmen der Plattform redtube.com um offensichtlich rechtswidrig öffentlich zugänglich gemachte Vorlagen handelt und es somit keine Privatkopie ist.

Hier sind es allerdings die Rechteinhaber selbst – in Form der ZPÜ, deren Gesellschafter u.a. Gema und auch die GWFF – Gesellschaft zur Wahrnehmung von Film- und Fernsehrechten mbH – und auch die VFF – Verwertungsgesellschaft der Film- und Fernsehproduzenten mbH sind – , die dieses Argument selbst entkräften, die nämlich ausführlich und über viele Seiten lang in Schriftsätzen, die uns vorliegen, erklären, dass der Internetnutzer überhaupt gar nicht mehr erkennen könne, was im Internet noch legal ist und was nicht. Dies gedacht als Begründung, warum man daher für die Privatkopie von den Verbrauchern noch mehr Geld haben möchte.

Gerne steht unsere Kanzlei Ihnen diesbezüglich bei Fragen zur Verfügung.

 

3) Konsequenzen

  • Wenn Sie eine Abmahnung erhalten haben, prüfen Sie, welcher Vorwurf Ihnen konkret bei einer Abmahnung gemacht wird. Gegebenenfalls holen Sie sich anwaltlichen Rat, um eine möglicherweise berechtigte Abmahnung von unseriösen unterscheiden zu können.
  • Wenn Sie schon an U+C (bzw. jede andere Kanzlei, die Ihnen Streaming vorwirft) gezahlt haben, sollten Sie eventuell überlegen, das Geld zurückzufordern.
  • Betroffene, die von U+C wegen eines Porno-Streamings abgemahnt wurden, sollten überlegen, ob hier nicht weitergehende Schadensersatzansprüche (z.B. Anwaltskosten zur Abwehr) geltend gemacht werden können, denn die Kanzlei hätte bei sorgfältiger juristischer Prüfung eigentlich feststellen müssen, dass die Abmahnungen juristisch nicht haltbar sind und sind somit gegebenenfalls verantwortlich für die daraus entstehenden Kosten.

Es wäre durchaus auch interessant, ob U+C bei denjenigen, die keine Unterlassungserklärung abgegeben haben, tatsächlich gerichtliche Schritte einlegt, oder ob es tatsächlich bei der Masse der Abmahnungen nur darum ging, das schnelle Geld von denjenigen zu holen, die schnell die verhältnismäßig kleine geforderte Summe zahlen.

Hier wären wir für Informationen dankbar, um allen Betroffenen bestmöglich helfen zu können!

Bei Fragen stehen wir Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung.