LG Köln: Keine Drosselung für Telekomkunden

Kürzlich entschied das LG Köln (Urt. v. 30.10.2013 – Az.: 26 O 211/13), dass die durch die Telekom angekündigte Drosselung der Internetverbindung bei Erreichen eines festgelegten Traffic als wettbewerbswidrig einzustufen sei.

 

Im Festnetzbereich darf ein Internettarif nicht als „Flatrate“ deklariert und vertrieben werden, sofern diese ab einem bestimmten Datenvolumen gedrosselt wird. So zumindest entschied nun die 26. Zivilkammer des Landgerichts Köln.

Anlass zur Verhandlung hatte die Telekom gegeben. Jene kündigte an, die Internetverbindung von „Flatratekunden“ auf 2 Mbit/s beziehungsweise 384 Kbit/s zu senken, sofern ein vorbeschriebenes Datenvolumen erreicht worden sein sollte.

Die Verbraucherzentrale sah darin eine unangemessene Benachteiligung und mahnte das Unternehmen ab. Durch Verwendung derartiger Klauseln sei die ursprünglich versprochene Hauptleistungsversprechen derart modifiziert, sodass eine „zweckmäßige Nutzung des Internets nicht mehr möglich sei.“ (Urteil) Dadurch liege eine Benachteiligung im Sinne des § 307 Abs. 1 BGB vor.

         § 307 Abs. 1:
         (1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den    
         Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben
         unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch
         daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

 

Das LG Köln schloss sich der Meinung an. Die Tatsache, dass der Kunde sich unter Umständen mit einer Surfgeschwindigkeit zufrieden geben müsste, die lediglich einem Zehntel der vertraglich vereinbarten Geschwindigkeit entspräche, sei nicht mit dem Wort „Flatrate“ vereinbar. So bestimmten die Richter:

„Die streitgegenständliche Regelung zur Reduzierung der Übertragungsgeschwindigkeit ab einem bestimmten Datenvolumen ist nach § 307 Abs. 1 S. BGB unwirksam, da sie wesentliche und sich aus der Natur des Vertrags ergebende Rechte so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist (§ 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB) und den betroffenen Kunden deshalb in unangemessener Weise benachteiligt“ (Urteil)

Eine mobile Internetverbindung muss nicht derart sicher sein

Im Folgenden wies das Gericht explizit darauf hin, dass ein normaler Durchschnittskunde sich bei einem häuslichen Internetanschluss entgegen der Verwendung eines mobilen Internetzugangs, welcher von Grunde an bereits größeren Unwägbarkeiten unterworfen sei, darauf verlassen wird, dass Hardware und Verbindung  funktionstüchtig sind und sensible Daten, wie beispielsweise im Rahmen des Onlinebankings störungsfrei und sicher übermittelt werden können.

Eine Forderung nach Änderungen im Mobilfunkbereich, wo Drosselungen bereits gang und gäbe sind, schließt das Gericht damit also aus.

 

Kommentar:

Obgleich wohl jedem rechtlich versierten Leser des Urteils Urt. v. 30.10.2013 – Az.: 26 O 211/13 das Folgen der Argumentationskette nicht schwer fallen wird, stößt es bei mir doch auf Unverständnis.

Natürlich wird von Seiten des Gerichtes eingeräumt, die mobile Datenverbindung sei dahingehend von der häuslichen abzugrenzen, als dass sie ja größeren Unwägbarkeiten unterworfen sei als ihr – zumindest biographisch gesehener- Großvater im häuslichen Umfeld. Daraus folgernd sollte man auch sensible Daten, wie jene die beispielsweise bei der Nutzung des Onlinebankings ausgetauscht werden, nicht nur vor dem Zugriff Unbefugter sondern auch vor Störungen in der Übermittlung schützen. Im Klartext: Das mobile Internet ist nicht für die Übermittlung sensibler Daten geeignet und darf somit im Rahmen eines geschlossenen „Flatrate“-Angebots auch gedrosselt werden.

Die möglichen Gefahren des Onlinebankings zu leugnen wage auch ich mich nicht. Aber ist denn das häusliche Netzwerk sicher genug für Transaktionen? Hat sich das System bis jetzt bewährt? Und welcher der Nutzer hat tatsächlich die verkauften 32.000 Kbit/s, die ja nun einmal ein Grundbaustein der richterlichen Argumentation darstellen?
In Zeiten der „Mobilisierung“ muss ich mir selbst eingestehen, dass ich mein Handy auch regelmäßig für die Übermittlung sensibler Daten heranziehe und somit eigentlich als eines der vielen Gegenbeispiele in meinem Bezugskreis gesehen werden könnte. Aber wozu sonst schufen denn Banken und Kreditinstitute Apps und Mobile-Sites, als um den Anforderungen gerecht zu werden, die ein moderner Kunde an sie stellt? Genau. Es geht um die Übermittlung vorangegangener vertraulicher Daten über eine mobile Datenverbindung.

Ebenso verwirrend erscheint mir dabei folgendes: Angenommen ein Verbraucher nutzt für seinen Internetzugang im häuslichen Umfeld kompromisslos nur eine mobile Datenverbindung, beispielsweise über Smartphone oder aber einen Tablet-PC. Darf dieser Nutzer dann von rechtlicher Seite dahingehend eingeschränkt werden, dass er kein „sicheres“ Onlinebanking betreiben darf? Ist der mobile Internetzugang also doch –entgegen jeglichen Anscheins- kein vollwertiges Internet?

Aber auch im Umkehrschluss ließe sich gut argumentieren, dass die Telekom rechtens agiert, wenn sie die bereits allseits akzeptierten Bedingungen aus dem Mobilfunkbereich auf den des häuslichen Anschlusses ausweiten möchte. Denn wie einleitend erwähnt werden sehr wohl auch im mobilen Sektor vertrauliche und sensible Daten übermittelt und dieser grenzt sich damit -für mich nicht richtig / kausal / eingehend belegt- von einem häuslichen Anschluss ab, oder doch?

Darüber hinaus stolpere ich aber immer wieder über folgendes: Wenn im häuslichen Umfeld unter dem Begriff „Flatrate“ zu verstehen sein soll, dass die Internetverbindung nicht gedrosselt werden darf, dann müsste das -meinem Rechtsverständnis zufolge- auch für die Verwendung des Begriffes „Flatrate“ im Mobilfunkbereich gelten. Ganz abgesehen davon, dass der Begriff im Volksmund als ein „unabhängig von der Nutzung eines Angebotes gezahlter Pauschalpreis“ gesehen wird. Sollte das Urteil rechtskräftig werden, so müsste demnach zumindest der Wikipedia- Eintrag zur Erläuterung einer „Flatrate“ überarbeitet werden.

Das ganze erscheint gar nicht so einfach. Festzuhalten bleibt allerdings auch:
Noch ist nichts entschieden. Wie man den Telekommunikationsdienstleister kennt, wird er wohl in Berufung gehen und die Würfel könnten neu fallen. Meines Erachtens sollte man -eine endgültige Rechtsprechung vorausgesetzt, die die Datendrosselung der Telekom negiert- dies ebenso für den mobilen Sektor übernehmen. Gleiches Recht für alle eben 😉

 

Quellen:

Urteil;

http://dejure.org/gesetze/BGB/307.html