Urheberrechtsschutz bei Werken der angewandten Kunst

Der u.a. für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshof entschied kürzlich, dass Werke der angewandten Kunst grundsätzlich den gleichen Bemessungsstab unterliegen, wie Werke der zweckfreien Kunst.

 

 Der Fall:

Eine selbständige Spielwarendesignerin verkaufte einen ihrer Entwürfe für damals 400 DM an einen Spielwarenhersteller. Dieser nutzte den Entwurf für die Herstellung eines „Geburtstagszugs“, auf dem sich Buchstaben und Zahlen aufstecken lassen.

Aufgrund des großen Verkaufserfolgs nahm nun die Spielwarendesignerin den Hersteller auf Zahlung einer angemessenen Vergütung in Anspruch. Ihrer Ansicht nach handele es sich bei den Entwürfen um urheberrechtlich geschützte Werke, deren Verwendung im vorliegenden Fall eine höhere Vergütung als die 400 DM erfordere.

 

Rechtsprechung: 

In den Vorinstanzen war die Klage ohne Erfolg geblieben. Auch das Berufungsgericht war der Meinung, den angefertigten Stücken falle kein urheberrechtlicher Schutz zu, da sie als angewandte Kunst einem Geschmacksmusterschutz zugänglich seien. Damit bedarf es im vorliegenden Fall der Erfüllung höherer Anforderungen bezüglich der notwendigen Schöpfungshöhe als im Falle der zweckfreien Kunst.

Auf Revision der klägerischen Seite hob der Bundesgerichtshof das Urteil des Berufungsgerichts auf und verwies auf eine erneute Verhandlung und Entscheidungsfindung an das Berufungsgericht. Ausgeführt hatte der Bundesgerichtshof sein Verhalten wie folgt:

Durch die Reform des Geschmacksmusterrechts im Jahre 2004 habe sich der rechtliche Rahmen dahingehend verändert, dass mit dem Geschmacksmusterrecht ein „(…) eigenständiges gewerbliches Schutzrecht“ geschaffen wurde „und der enge Bezug zum Urheberrecht beseitigt(…)“. Insbesondere weist der BGH in seiner Rechtsprechung darauf hin, dass Urheberrecht und Geschmacksmusterrecht nebeneinander existieren können und sich nicht gegenseitig ausschließen. So führt der BGH weiter aus:

„An den Urheberrechtsschutz von Werken der angewandten Kunst sind deshalb – so der Bundesgerichtshof – grundsätzlich keine anderen Anforderungen zu stellen als an den Urheberrechtsschutz von Werken der zweckfreien bildenden Kunst oder des literarischen und musikalischen Schaffens. Es genügt daher, dass sie eine Gestaltungshöhe erreichen, die es nach Auffassung der für Kunst empfänglichen und mit Kunstanschauungen einigermaßen vertrauten Kreise rechtfertigt, von einer „künstlerischen“ Leistung zu sprechen. Dies gilt auch für die im Jahr 1998 angefertigten Entwürfe der Klägerin.“

Abgesehen davon ist der Bundesgerichtshof der Ansicht, dass der Klägerin kein Anspruch auf weitere Vergütung zusteht, soweit die Beklagte die Entwürfe nicht nach dem Inkrafttreten der Änderungen im Geschmacksmusterrecht 2004 für eigene Zwecke genutzt habe. Nach Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs habe die Beklagte zuvor darauf vertrauen können, dass durch die Verwendung der Entwürfe keine weiteren Zahlungen anfallen würden.

Nun obliegt die Entscheidung über etwaige Ansprüche doch dem Berufungsgericht. Dieses muss nun herausstellen, ob die geringeren Anforderungen an die Gestaltungshöhe von Werken der angewandten Kunst erfüllt wurden.

 

Quelle:

http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=Aktuell&nr=65848&linked=pm